gehalten von Norbert Riggenmann zu Eröffnung der Vernissage am 21.September 2016
„Ohne Titel“, so wollte auch Andrea Gorsewski zunächst ihr Werk betiteln. Auf dem Einlieferungsschein hat sie dies aber dann doch durchgestrichen und den sehr viel aussagekräftigeren Titel „Form“
gewählt, denn diese Form braucht keinen Titel.
Es ist übrigens Zufall, dass diese Plastik so wunderbar zu meinem Vortragsthema „Fette Kunst“ passt.
Andrea Gorsewskis Form ist nämlich aus Speckstein und weil das noch nicht fett genug ist, hat sie ihn auch noch geölt.
Seit mehreren Jahren beschäftigt sich die Künstlerin mit einer Grundform, die sich „Oloid“ nennt.
Entdeckt hat sie 1929 der Bildhauer und Maschinenbauer Paul Schatz.
Es ist eine „konvexe Hülle zweier gleich großer, sich senkrecht schneidender Kreise, deren Mittelpunkte einen Abstand zueinander haben, der gleich ihrem Radius ist“.
Damit dürfte alles klar sein.
Das Oloid, dass sie in immer neuen Variationen bearbeitet hat eine seltsame Eigenschaft: Es scheint begrenzt, denn kreis- oder Ellipsenförmige Kanten schließen die Form ab. Gleichzeitig lässt sich
die gewölbte Fläche ohne Bruch und Unterbrechung in einer konvexen Spannung „abwandern“. So entsteht ein spannender Dialog zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit.
Bestechend ist ihre „Form“ durch die Exaktheit der spannungsvollen Linienführung. Sie erlaubt kein Wackeln der Linie, keinen Spannungsabfall. Erst wenn die Linienführung 100% mit ihrem Empfinden
übereinstimmt, legt sie die Raspel weg und beginnt mit einer aufwendigen Oberflächenbearbeitung, die die Schönheit des Materials zur Geltung kommen lässt.
Das Werk lädt geradezu dazu ein, es zu berühren, um mit der Hand nachzuvollziehen, was das Auge nicht erfassen kann. Das tun sie bitte nicht!!! Es sei denn, Andrea Gorsewski lädt sie
ausdrücklich
dazu ein.
Durch den Beschluss der Jury erhält Andrea Gorsewski den Kunstpreis Markt und Kunst Pfaffenhofen
2016.
Herzlichen Glückwunsch!
Komplette Rede: Link